Ein Bericht vom
von Daniel Niebuhr, Lennart Bonk und Lars Pingel
Das Karma war am Dienstag nicht auf Marco Stefandls Seite, doch er nahm es mit einem Lächeln hin. Der Offensivspieler des SV Atlas hatte im Niedersachsenpokal-Achtelfinale gegen den VfL Osnabrück wie viele Delmenhorster 90 Minuten lang Kilometer abgespult und war doch meistens nur hinterhergelaufen. „Ich bin einfach nur platt“, schnaufte er. „Ich dachte, wenn ich fleißig nach hinten arbeite, werde ich vielleicht belohnt und vorne rutscht einer rein.“
Der Fußball-Gott belohnte ihn und sein Team an diesem Abend jedoch nicht, Atlas verlor verdient mit 0:3 (0:1), weil der Zweitliga-Absteiger aus Osnabrück eiskalt blieb. Die Gäste waren klar die bessere Mannschaft und zogen ins Viertelfinale ein, wo sie im Drittliga-Derby auf den SV Meppen treffen werden. „Wenn man bedenkt, dass es das sechste Spiel in 17 Tagen für uns war, muss man der Mannschaft ein großes Kompliment aussprechen“, sagte VfL-Trainer Daniel Scherning. „Wir haben sehr souverän gespielt, hätten das eine oder andere Tor mehr machen müssen, aber ich bin zufrieden. Das war eine sehr gute Leistung.“ Atlas-Coach Key Riebau nahm das Ausscheiden sportlich: „Osnabrück ist eine sehr gute Drittliga-Mannschaft mit einer hohen Qualität. Ich mache den Jungs keinen Vorwurf. Wir haben als Team sehr gut gearbeitet.“
Atlas bot in der Tat eine couragierte Leistung und hielt das Spiel lange offen. Die Euphorie nach dem 4:1 gegen den VfV Hildesheim drei Tage zuvor – dem ersten Regionalliga-Sieg nach über 23 Jahren – dürfte das nicht unbedingt bremsen. Der Pokal-Coup gelang dem Club zwar nicht, dafür wurde das hervorragend organisierte Spiel vor 1500 Zuschauern – darunter mit Werder Bremens Profi Niklas Schmidt und Ex-Werder-Trainer Alexander Nouri auch Fußball-Prominenz – die bestbesuchte Veranstaltung in Delmenhorst seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020. „Es war ein kleines Fußball-Fest. Wir haben einen großen Aufwand betrieben, der sich gelohnt hat“, sagte Atlas-Vorsitzender Manfred Engelbart. „Ich hätte mir sogar noch mehr Zuschauer gewünscht. Dass wir so lange mitgehalten haben, ist bewundernswert.“
Mit etwas Glück hätte man der Sensation auch noch deutlich näher kommen können. Atlas stand zwar die meiste Zeit tief und überließ dem VfL viele Spielanteile, die Defensive stand jedoch größtenteils sicher. Das einzige Gegentor der ersten Hälfte fiel etwas unglücklich: Eine flache Hereingabe von Osnabrücks Sören Bertram fand irgendwie den Weg quer durch den Strafraum zu Manuel Haas, dessen Schuss genau in der rechten Ecke einschlug. Atlas hatte kurz vor der Pause zweimal die Chance zum Ausgleich, beide Male durch den aufgerückten Außenverteidiger Efkan Erdogan. Seinen Fallrückzieher in der 45. Minute kratzte VfL-Keeper Tim Wiesner gerade noch raus, nur Sekunden später köpfte Erdogan dann aus sieben Metern über das Tor. „Wir hatten diese zwei, drei Nadelstiche“, sagte Riebau.
Es war ein Mutmacher für Atlas, dem fünf Minuten später nach der Pause der nächste folgte. Atlas-Außenverteidiger Oliver Rauh verursachte mit einem Foul an Florian Kleinhansl einen Elfmeter, den der starke Atlas-Keeper Rico Sygo jedoch parierte – es war der dritte verschossene Strafstoß für die Osnabrücker in der jungen Saison. Ihre Angriffe wurden danach jedoch eher wütender. Atlas kam kaum noch kontrolliert nach vorn – und fing sich in der 62. Minute die Vorentscheidung ein. Felix Higl vollstreckte aus kurzer Distanz unbedrängt. „Es war für uns in vielen Situationen auch schwierig zu verteidigen“, meinte Riebau.
Zu einer Delmenhorster Schlussoffensive kam es nicht, weil Osnabrück dafür viel zu abgezockt auftrat und diszipliniert nach hinten arbeitete. Den Schlusspunkt setzte mit Ulrich Tappertshofer ein Spieler, der nicht allzu regelmäßig unter den Torschützen auftaucht. Ärgerlich für die Osnabrücker war aber die Verletzung von Davide Itter in der ersten Halbzeit, er wurde noch während des Spiels ins Krankenhaus gebracht.
Am Ende des Abends trug man bei Atlas die Niederlage mit Fassung. „Wir haben uns tapfer geschlagen, hatten aber phasenweise ein wenig zu viel Respekt“, sagte Sportchef Bastian Fuhrken.
Der Tag hatte für die Atlas-Verantwortlichen und ihre Helfer übrigens mit einer bösen Überraschung begonnen, berichtete Stefan Keller, Vorstand Marketing und Vertrieb des Vereins, am Dienstag vor Spielbeginn. Als sei die Organisation einer solchen Partie in Pandemie-Zeiten nicht schon schwierig genug, musste kurzfristig eine neue Tonanlage organisiert werden. In der Nacht zu Dienstag war ins Stadionheim eingebrochen worden, erklärte Keller. Mehrere Elektrogeräte wurden geklaut, darunter auch wichtiges Equipment für den Stadionsprecher. Doch auch diese Herausforderung meisterte der Verein, organisierte schnell Ersatz. Musik und Ansagen waren daher bestens zu verstehen.
Titelbild: Rolf Tobis
Bildergalerie: André Klattenhoff / SVA
SV Atlas
VfL Osnabrück
Krombacher Niedersachsenpokal - 1. Runde