von Michael Kerzel (Delmenhorster Kurier)
Titelbild: Ingo Möllers
Der SV Atlas Delmenhorst hat den TuS Bersenbrück besiegt und darf nun in der kommenden Saison in der ersten Runde des DFB-Pokals an den Start gehen.
Der SV Atlas Delmenhorst kann nur spannend: Die finalen Sekunden des Endspiels des Niedersachsenpokals der Amateure verliefen dramatisch. Die Delmenhorster waren stehend K.o. Sie rückten nicht mal mehr aus dem eigenen Strafraum heraus, der TuS Bersenbrück drückte mit aller Macht, holte Standard um Standard heraus, doch der SV Atlas kämpfte aufopferungsvoll. Und am Ende reichte es: Die Blau-Gelben behielten mit 3:2 (2:0) die Oberhand, holten den Titel und dürfen kommende Saison in der ersten Runde des DFB-Pokals starten. „Ich bin vollkommen am Ende. Vor dem Spiel hatte ich gehofft, dass es kein Elfmeterschießen gibt, aber das jetzt war genauso schlimm“, sagte Präsident Manfred Engelbart, kurz zuvor hatte ihm Musa Karli eine Bierdusche verpasst. Im Hintergrund sprang Teammanager Bastian Fuhrken umher und sang mit Spielern und Fans ausgelassen das „Europapokal“-Lied. „Delmenhorst ist im DFB-Pokal. Nach sieben Jahren“, sagte er. Der Atlas marschierte seit seiner Gründung 2012 nicht nur durch die Ligen, sondern jetzt eben auch in den DFB-Pokal.
Am Ende war es ein Sieg des Willens, Krämpfe plagten mehrere Atlas-Akteure, doch sie liefen weiter. Dreimal musste Trainer Daniel von Seggern im Spiel verletzungsbedingt wechseln, einige Spieler wie Tom Schmidt oder Marco Prießner gingen über ihr läuferisches Limit. Karlis Plendiskis musste nach Spielschluss von Sanitätern betreut werden, er hatte sich in der Nachspielzeit eine Platzwunde zugezogen – dennoch köpfte er mit Turban den entscheidenden Ball aus dem Strafraum. „Wir haben bis zum Ende gekämpft und es deswegen auch geschafft“, sagte er.
Der Sieg der Blau-Gelben war nicht nur wegen des enormen Aufwands verdient, Atlas war über 70 Minuten auch das klar bessere Team. Im ersten Durchgang kam das eigentlich spielstarke Bersenbrück nur zu einem Torschuss. Diesen feuerte Malik Urner ab. Das Leder landete abgefälscht am Außenpfosten, den Nachschuss setzte Aaron Goldmann über den Kasten (37.).
Atlas führte zu dem Zeitpunkt bereits mit 1:0: Thade Hein nagelte den Ball aus kurzer Distanz in die Maschen (13.). Auf dem Flügel hatte Prießner zuvor einen Freistoß erarbeitet, diesen brachte Schmidt auf den langen Pfosten, Plendiskis kam nicht richtig heran, doch der Ball flog so in die Mitte. Da Torwart Christoph Bollmann sich nicht von der Linie wegbewegte, hatte Hein leichtes Spiel. Er war es auch, der das 2:0 vor der Pause besorgte (40.). Wieder war es ein Abstauber. Wieder war Plendiskis beteiligt, der Bollmann mit einem Kopfball prüfte. Wieder nach einer Hereingabe von Schmidt. „Das war Instinkt. Ich habe einfach spekuliert. Es ist ein absolut unbeschreibliches Gefühl“, sagte Hein zu seinen Treffern. Zur Pause war für ihn allerdings Schluss, er zog sich wohl eine Bänderdehnung zu und konnte nicht weitermachen.
Direkt nach Wiederanpfiff besorgte Prießner das 3:0. Thomas Mutlu spielte Patrick Degen links frei, dieser zirkelte das Leder auf den freien Stürmer am langen Pfosten (50.), der nur noch einköpfen musste. Atlas verteidigte weiter aufmerksam, hatte jedoch Pech, als in Minute 64 ein abgefälschter Goldmann-Freistoß unhaltbar zum 1:3 einschlug. Bersenbrück hatte nun Oberwasser, drückte immer mehr. In der 87. Minute war es erneut Goldmann, der zum 2:3 traf. Nun brannte die Luft im Atlas-Strafraum. Vier Minuten Nachspielzeit gab es obendrauf. Doch die Defensive der Blau-Gelben hielt. „Es war verdammt harte Arbeit. Wir wussten, dass in der zweiten Halbzeit Wellen auf uns zukommen werden. Ich habe den Schiri alle fünf Minuten gefragt, wie lange es noch ist. Beim ersten Mal waren es noch 20“, berichtete Torwart Florian Urbainski. Er betonte die starke Zusammenarbeit des ganzen Teams. „Es war der absolute Teamwille“, meinte Kapitän Nick Köster ebenso. 70 Minuten habe Atlas diszipliniert hervorragend gespielt, dann sei die Luft langsam ausgegangen. „Dann war es Kampf“, fügte er hinzu.
Ähnlich bewertete Mutlu die Partie: „Die erste Hälfte war überragend. Wir wussten, dass dann Druck von Bersenbrück kommt. Die geben halt nie auf.“ Die Stimmung innerhalb des Teams sei mitentscheidend gewesen: „Auch nach den beiden 0:1-Niederlagen in der Liga am Ende war die Stimmung in der Kabine sehr positiv. Es ging darum, Spaß bei uns reinzubringen. Gute Zocker haben wir. Daniel hat Lockerheit reingebracht. Er hat seinen Anteil“, sagte Mutlu über Coach von Seggern.
Dessen Co-Trainer Marco Büsing hatte ohnehin von vornherein ein gutes Gefühl. „Beim Aufwärmen hat man das schon gemerkt. Die Jungs waren positiv angespannt. Fokussiert. Gerade die erste Halbzeit war ganz stark“, sagte er. Büsing trainiert ab der kommenden Spielzeit den Bezirksligisten BW Bümmerstede. „Wie kann man besser aufhören?“, fragte er. Vor allem die Unterstützung auf den Rängen lobte er.
Die Stimmung im Eilenriedestadion in Hannover war herausragend. Das lag auch an den Bersenbrückern, die selbst ihr Team mit mehr als 500 Leuten lautstark anfeuerten. Doch die Mehrheit bildeten die Atlas-Fans auf der Stehtribüne. Vor dem Anpfiff stimmten sie das Team, das sich im Kreis auf dem Rasen einschwor, mit dem „SV Atlas international. Europapokal“-Song ein. Die 90-minütige Unterstützung trieb die Mannschaft an. Am Ende sangen Blöcke und Spieler gemeinsam „Wir sind alle Delmenhorster Jungs“. Der Pokal wechselte schnell die Hände, jeder durfte ihn mal in die Höhe recken. „Die Atmosphäre. Die Kulisse. Die Fans. Fantastisch“, lobte Engelbart, „die Spieler haben für sich, aber auch für die Fans den Pokal gewonnen.“ Mutlu kündigte eine lange Partynacht an. „Ich hoffe, die Stadt freut sich über den Pokalsieg“, sagte er. Köster fasste den Pokalnachmittag kurz und passend zusammen: „Es ist Freude pur.“
SV Atlas
TuS Bersenbrück
Finale Krombacher Niedersachsenpokal