von Daniel Niebuhr / Delmenhorster Kreisblatt
Fußball-Regionalligist SV Atlas Delmenhorst steht nach einem Coup gegen den Drittligisten und Nachbarn VfB Oldenburg im Finale des Niedersachsenpokals.
Das Fußball-Theater Düsternort ist seit Mittwochabend um ein großes Drama reicher – aber eines mit Delmenhorster Happy End. Der in der Regionalliga noch immer schwer abstiegsbedrohte SV Atlas schaffte im Halbfinale des Niedersachsenpokals tatsächlich die Sensation und düpierte den klar favorisierten Drittligisten VfB Oldenburg vor 2200 Zuschauern. Nach dem verdienten 3:1 (1:1) stehen die Delmenhorster zum zweiten Mal nach dem Titelgewinn 2019 im Endspiel – zum ersten Mal im Wettbewerb der Dritt- und Regionalligisten.
Und das könnte Gold wert sein: Denn der Gegner heißt (nach einem 2:0 beim SSV Jeddeloh) VfL Osnabrück. Sollte der es in der 3. Liga unter die besten vier Erstvertretungen schaffen – was momentan der Fall wäre –, wären beide Clubs sicher im DFB-Pokal dabei. Als klassentieferer Club hat Atlas im Endspiel, das am 3. Juni im Rahmen des bundesweiten Finaltags der Amateure live in einer ARD-Konferenz gezeigt wird, außerdem grundsätzlich Heimrecht – die Ausschreibung bietet dem Verband nur „in begründeten Ausnahmefällen“ die Möglichkeit, davon abzuweichen.
Den Delmenhorster Spielern war das am Mittwoch erst einmal völlig egal, sie kannten nach dem Abpfiff kein Halten mehr. „Es war verdient“, befand Kapitän Dominic Volkmer. „Die Jungs haben in den letzten Wochen oft auf die Fresse bekommen“, sagte Interimstrainer Dominik Schmidt. „Wir sind stolz auf die Mannschaft und stolz, was wir geleistet haben.“
Der Delmenhorster Auftritt war wohl in der Tat einer der besten des SV Atlas seit der Wiedergründung 2012. Mit viel Mut brachten die Blau-Gelben den Favoriten schon früh in die eine oder andere Verlegenheit. Die Oldenburger Führung durch Kapitän Max Wegner nach einer schnellen Kombination über die linke Seite in der 19. Minute inspirierte zwar die VfB-Fans zum Zünden von Pyrotechnik, konnte Atlas aber nicht schocken. Im Gegenteil: Der Underdog blieb mutig und bekam in der 42. Minute die Chance zum Ausgleich auf dem Silbertablett serviert. VfB-Keeper Sebastian Mielitz traf den Ball nicht richtig, dem frei vor ihm stehenden Mattia Trianni passierte aber das gleiche. Eine Minute später machte er es besser: Olivér Schindler gewann im Mittelfeld den Ball und spielte einen Traumpass auf Trianni, der seine Bewacher mit einer schnellen Bewegung abschüttelte und ins lange Eck traf.
Auch nach dem Wechsel war kein Klassenunterschied auszumachen. Der Favorit wirkte fahrig und überrascht von der heftigen Gegenwehr, Atlas war dagegen wesentlich zielstrebiger. Ousman Touray lief in der 57. Minute allein auf Mielitz zu; der ehemalige Werder-Keeper parierte mit dem Fuß, doch die Oldenburger Unzufriedenheit mit der eigenen Darbietung war unübersehbar. Und es kam noch besser für Atlas: Touray flankte in der 61. Minute von der rechten Seite, Marco Stefandl erwischte Mielitz auf dem falschen Fuß und brachte Atlas die längst fällige Führung.
Die Gastgeber rührten auch danach kein Beton an. Gegen den nun völlig verunsicherten VfB hatten sie weiter Chancen und legten nach: In der 71. Minute setzte der überragende Touray Steffen Rohwedder in Szene, der im Strafraum auf Schindler ablegte. Der Mittelfeldmann jagte die Kugel in den Winkel – und das Stadion stand Kopf.
Oldenburg fiel auch danach nicht viel ein. Erst in der Nachspielzeit holte der VfB eher durch Delmenhorster Übermut im Zweikampf einen Foulelfmeter heraus, den Wegner an den Pfosten setzte. Als der Pokal-Coup dann perfekt war, feierten die Atlas-Spieler mit den Fans gemeinsam auf der Tribüne – so wie schon 2019 nach dem letzten Finaleinzug. Volkmer war einer der wenigen, der da schon voraus dachte – an das Regionalliga-Spiel am Sonntag bei Eintracht Norderstedt: „Ich hoffe, dass wir den Schwung dahin mitnehmen.“
Aufgrund der örtlichen Nähe der vier Halbfinalisten, entschied der NFV, den Austragungsort in eines der Stadien der Endspielteilnehmer zu legen. So müssen die Fans nicht nach Hannover fahren und würden die kürzere Strecke zum Gegner haben. Wären zwei Ligakonkurrenten im Finale gewesen, wäre gelost worden, ansonsten hat der Regionalligist vor dem Drittligisten Vorrang. Somit bestreitet der SV Atlas das Finale gegen den VfL Osnabrück zuhause im Düsternorter Stadion.
Der Finaltag der Amateure, an dem wieder alle 21 Landespokalendspiele ausgetragen und in einer Livekonferenz bei der ARD gezeigt werden sollen, ist für Samstag, 3. Juni, angesetzt.
Für den DFB Pokal qualifizieren sich neben den 36 Profivereinen der 1. und 2. Liga auch die Viertplazierten der 3. Liga. Nicht mitgerechnet werden die Zweitvertretungen der Vereine, wie der SC Freiburg II, der aktuell Dritter der 3. Liga ist. Unser Endspielgegner Osnabrück ist zurzeit Fünfter und wäre daher schon im DFB-Pokal dabei. Sollte es so bleiben, ist der Finalgegner ebenfalls im DFB-Pokal. Das würde dann auf uns zutreffen, auch wenn wir verlieren. Es ist also spannend.
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