Ein Bericht vom
von Nico Nadig
"Pfeif doch endlich ab. Pfeif jetzt ab!", hallte es immer wieder von der Bank des SV Atlas Delmenhorst in Richtung des Schiedsrichters. Und nach vier Minuten Nachspielzeit war es dann auch so weit, ein kurzer Pfiff beendete die Partie und sorgte für eine Explosion im Delmenhorster Stadion: Bei den Spielern und den Verantwortlichen entlud sich der ganze Druck der vergangenen Woche, sie fielen sich jubelnd in die Arme.
Verständlich, dass die Akteure und Verantwortlichen gleich eine ganze Palette an Emotionen auf einmal verspürten. Immerhin haben die Blau-Gelben etwas geschafft, was – wenn man ehrlich ist – ihnen nur noch wenige zugetraut hatten. Mit 1:0 (0:0) bezwangen sie am finalen Spieltag der Vorrunde der Regionalliga Nord 2021/22 den Tabellenführer der Süd-Gruppe, die U23 des SV Werder Bremen, und sicherten sich damit die Teilnahme an der Aufstiegsrunde – gleichbedeutend mit dem Klassenerhalt. "Es wird noch etwas dauern, bis die Anspannung abfällt", sagte SVA-Trainer Key Riebau nach Abpfiff."
Der Druck, der auf dem SVA lastete, war nach der 1:3-Pleite beim HSC Hannover am zurückliegenden Spieltag immens hoch. Schließlich hatte er es dort verpasst, den Einzug in die Aufstiegsrunde beim Kellerkind klarzumachen. Stattdessen musste er nun gegen den schier übermächtig wirkenden Tabellenführer Punkte einfahren.
Und wie sich im Nachhinein herausstellte: Nur ein Zähler hätte nicht gereicht. Denn weil Verfolger SSV Jeddeloh seine letzte Partie gegen den SV Oberneuland mit 2:0 gewann, wären die Blau-Gelben bei einer Niederlage oder einem Remis aus der Aufstiegsrunde herausgerutscht. "Wir stehen verdient in der Aufstiegsrunde, weil wir die Punkte nicht nur gegen die unteren Teams geholt haben, sondern gegen die Mannschaften, die um uns herum sind", meinte Riebau.
Die Vermutung, dass der Druck und die schwache Leistung in Hannover den SVA gewissermaßen lähmen könnte, lag vor Anpfiff der Partie gegen den Werder-Nachwuchs nahe. Tatsächlich war jedoch genau das Gegenteil der Fall. Von Nervosität oder Angst angesichts der schwierigen und gleichzeitig bedeutsamen Aufgabe war bei den Gastgebern gar nichts zu spüren. "Von Anfang an hatten die Jungs richtig Bock und haben den Kampf angenommen", lobte SVA-Sportvorstand Bastian Fuhrken die Einstellung der Mannschaft.
Ab der ersten Minute suchten die Blau-Gelben die Zweikämpfe, agierten bissig und ließen kaum eine Torchance zu. In der ganzen ersten Hälfte notierte die Gäste, die den stärksten Angriff der Liga stellen, nicht eine nennenswerte Möglichkeit. Das war aber keinesfalls nur der Aggressivität der Gäste geschuldet, sondern auch dem Plan, den Riebau ausgetüftelt hatte.
Er schickte seine Mannschaft erstmalig in einem 3-6-1-System auf den Platz. Eine Idee hinter dem Systemwechsel: Mit einer Dreierkette sollte eine Überzahl gegen die beiden Topstürmer der Liga, Justin Njinmah und Tim van de Schepop, kreiert werden. Und tatsächlich stoppten die drei SVA-Innenverteidiger Kerem Sari, Kristian Taag und Julian Eggert das SVW-Duo. "Außerdem haben wir so die Raute gespiegelt", berichtete Riebau und erzählte, dass ihm die Idee zu dem Systemwechsel auf der Rückfahrt nach dem Hannover-Spiel kam: "Unter der Woche haben wir das dann einstudiert."
In der Defensive bereinigten die Gäste jede Situation, bevor sie wirklich gefährlich werden konnte. Gleichzeitig setzten sie immer wieder offensive Nadelstiche. Was Zählbares sprang dabei in Durchgang eins jedoch nicht raus. So rauschte ein Abschluss von Cerruti Siya nach rund einer Viertelstunde etwa knapp am linken Pfosten vorbei. In Minute 34 verhinderte SVW-Schlussmann Luca Plogmann derweil die Führung für den SVA mit einer guten Reaktion. Nachdem Marek Janssen sich auf der linken Seite durchgesetzt und abgezogen hatte, tauchte der Schlussmann ab und parierte den Schuss.
Oftmals wurde es nicht richtig brenzlig für die Gäste, da den Delmenhorster der finale Pass missglückte oder eine Anspielstation fehlte. Wie etwa kurz vor dem Pausenpfiff: Marco Stefandl hatte den Ball auf der rechten Seite, im Strafraum stand aber lediglich Mattia Trianni, der gleich von drei Werderanern bewacht wurde. Letztendlich versuchte Stefandl, den Ball in den Rückraum abzulegen, fand dort aber keinen Mitspieler.
Genauso motiviert wie die Blau-Gelben in die erste Hälfte gestartet waren, gingen sie auch Durchgang zwei an. Und die Belohnung sollte bald folgen: Mattia Trianni tanzte SVW-Verteidiger Konstantin Donalies auf der linken Seite und beförderte das Spielgerät auf den zweiten Pfosten. Dort stand Tom Schmidt, hielt den Fuß hin und sorgte mit seinem Treffer zum 1:0 für die erste kleine Explosion im Delmenhorster Stadion an diesem Nachmittag (59.).
Für Schmidt, der schon im DFB-Pokalspiel zwischen dem SVA und SV Werder im Weserstadion getroffen hatte, war es das erste Tor und der erste Startelf-Einsatz in der Saison. Warum Riebau Schmidt, der zuvor gerade mal 106 Minuten absolviert hatte, von Beginn auflaufen ließ? Der Coach erklärte: "Tom lebt Atlas einfach und gibt immer Gas. Das haben wir gebraucht."
Vier Minuten nach der Führung sah van de Schepop für eine Tätlichkeit an Sari die Rote Karte, sodass Atlas die verbleibende halbe Stunde in Überzahl agierte. Beinnahe hätten die Delmnenhorster kurz darauf den Deckel wohl draufgemacht, ein Werderaner klärte den Ball aber gerade noch auf der Linie. Und so hieß es Zittern bis zum Abpfiff. Denn trotz Unterzahl versuchte Werder, den Ausgleich zu erzielen. Doch Atlas verteidigte konsequent alles weg und ließ kaum eine wirkliche Torchance zu. "Kari, Taag und Eggert haben das sensationell gemacht", lobte Fuhrken.
An das Lob schloss Riebau sich an und attestierte der gesamten Mannschaft eine überragende Leistung gegen den Tabellenführer. Oder wie es Tom Schmidt ausdrückte: "Jeder hat hier, jeder auf dem Platz und jeder Fan, 120 Prozent für Atlas gegeben."
Samstag, 11.12.21
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SV Atlas Delmenhorst
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: |
SV Werder Bremen II (U23)
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1:0 |
Lüneburger Sport-Klub Hansa
|
: |
BSV Rehden
|
2:2 |
SSV Jeddeloh
|
: |
FC Oberneuland
|
2:0 |
Sonntag, 12.12.21
|
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VfV Borussia 06 Hildesheim
|
: |
Hannover 96 II (U23)
|
2:2 |
VfB Oldenburg
|
: |
HSC Hannover
|
7:1 |
Platz | Mannschaft | Spiele | Tordifferenz | Punkte | |
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1. |
VfB Oldenburg
|
18 | 33 | 43 | |
2. |
SV Werder Bremen II (U23)
|
18 | 34 | 42 | |
3. |
VfV Borussia 06 Hildesheim
|
18 | -2 | 29 | |
4. |
SV Atlas Delmenhorst
|
18 | 0 | 25 | |
5. |
Hannover 96 II (U23)
|
18 | 5 | 24 | |
6. |
SSV Jeddeloh
|
18 | -3 | 24 | |
7. |
BSV Rehden
|
18 | -6 | 18 | |
8. |
Lüneburger Sport-Klub Hansa
|
18 | -13 | 16 | |
9. |
HSC Hannover
|
18 | -24 | 15 | |
10. |
FC Oberneuland
|
18 | -24 | 12 |
SV Atlas
SV Werder Bremen 2
Regionalliga Nord Gr. Süd · 18. Spieltag