Ein Bericht vom
von Daniel Niebuhr
Wenige Dinge stehen fest, wenn man über die Fußball-Saison 2020/21 spricht – für den SV Atlas Delmenhorst ja nicht einmal, in welcher Liga er spielt. Weil die Regionalliga da mit Abstand am wahrscheinlichsten ist, plant der Oberligist längst in diese Richtung und rüstet Kader und Stadion allmählich für die höchste Amateurklasse. Wann der Ernstfall eintritt, würde nicht zuletzt Trainer Key Riebau interessieren, die Stadt Delmenhorst ist bisher vom ersten Septemberwochenende ausgegangen. Der Norddeutsche Fußball-Verband hat die Erwartungen nun aber gebremst: Der Vorsitzende des Regionalliga-Ausschusses, Reenald Koch, rechnet mit mindestens einem weiteren Monat (Spät-)Sommerpause, wie er auf der Verbandsseite erklärte. "Vielleicht können wir im August wieder mit dem Training beginnen und dann am 1. Oktober starten", sagte Koch, der auch Präsident von Eintracht Norderstedt ist.
Bei Atlas wird man zumindest gern hören, dass in diese Rechnung eine adäquate Vorbereitungszeit mit eingeplant ist. Die Nordstaffel wird aber wohl aus mindestens 22 Mannschaften bestehen, eine Doppelrunde mit 42 Spielen für jeden Club scheint da ausgeschlossen. Aus diesem Grund hatte die Regionalliga Bayern als einzige in Deutschland entschieden, aus der Saison 2019/20 die Saison 2019/21 zu machen. Auch im Norden will man die Belastung erträglich halten, allerdings wird dort von der üblichen Doppelrunde voraussichtlich abgesehen. Eine Einfachrunde mit anschließenden Playoffs wäre ein Modell, um das Problem zu lösen. Der Verband ist aber von weiteren Lockerungen in der Corona-Krise abhängig. "Wir brauchen eigentlich dringend einen Termin, wann es wieder losgeht", sagt Reenald Koch. "Du kannst im Moment einfach keinen Rahmenterminkalender aufstellen."
Die Saison mit Geisterspielen früher zu beginnen, schließt Koch aus und spricht den Vereinen damit aus der Seele. "Ohne Zuschauer könnten wir die Regionalliga gar nicht finanzieren", sagt Bastian Fuhrken, Leistungsfußball-Leiter des SV Atlas. Koch sieht es ähnlich: "Wir müssen in der neuen Saison dringend wieder Zuschauer haben. Die Vereine wissen nicht, wie sie derzeit Einnahmen generieren sollen." Der Norderstedter bringt eine Beschränkung auf Sitzplätze ins Spiel, was für Atlas nicht viel mehr als ein Trostpflaster wäre – die Tribüne im Stadion an der Düsternortstraße fasst 900 Zuschauer, mehr als 1100 waren es insgesamt zuletzt pro Spiel in der Oberliga. Unter normalen Bedingungen würde sich der Schnitt in der Regionalliga deutlich erhöhen. "Gegen den VfB Oldenburg könnte man zum Beispiel mit mehreren tausend Fans rechnen", sagt Vorsitzender Manfred Engelbart.
Vor dem ersten Spieltag fand zuletzt immer schon die erste Runde des Niedersachsenpokals statt, doch auch dessen Start ist ungewiss. Atlas spielt künftig nicht mehr bei den Amateuren mit, bei denen der Club 2019 triumphiert hat, sondern im wesentlich härteren Wettbewerb mit den acht weiteren Regionalligisten und den Drittligisten Eintracht Braunschweig und SV Meppen. "Der Weg in den DFB-Pokal wird schwerer", sagt Fuhrken, "aber die Gegner auch attraktiver."
Die Oberliga-Mannschaft des SV Atlas hat aus der durch die Corona-Krise verkürzten Saison 2019/20 wahrlich das Beste gemacht. Die Spieler schrieben zusammen gleich mehrfach Delmenhorster Fußball-Geschichte: Sie erlebten das Jahrhundertspiel im DFB-Pokal gegen Werder Bremen vor 42.100 Zuschauern im Weserstadion, eine Erfolgsserie von 17 Spielen ohne Niederlage – und sie werden nach dem Verbandstag des Niedersächsischen Fußball-Verbandes am 27. Juni wohl auch offiziell die Mannschaft sein, die Atlas als Vizemeister in die Regionalliga geführt hat.
Am Dienstagabend hat dieser Jahrgang zum letzten Mal zusammen trainiert. Mit einer durchaus emotionalen Einheit verabschiedete Trainer Key Riebau sein Team in die Sommerpause. Etliche Spieler werden danach nicht mehr für Atlas Fußball spielen – oder sogar gar nicht mehr. Die Abgänge von Janik Vollmer und Robert Plichta, der Atlas mit zwei Treffern zum 3:0 im bisher letzten Spiel gegen Kickers Emden geschossen hatte, stehen schon fest – weitere werden folgen. "Das war charakterlich eine unglaublich gute Mannschaft", sagte Leistungsfußball-Leiter Bastian Fuhrken. Riebau hatte regelmäßig "den guten Geist" gelobt, der im ganzen Team zu spüren war.
Sollte der Aufstieg am 27. Juni perfekt sein, will der Verein für die Mannschaft noch ein coronagerechtes Treffen organisieren.