Bericht: Lars Pingel
Was für ein Sturz von der berühmten „Wolke sieben“. Die Oberliga-Fußballer des SV Atlas Delmenhorst landeten am Freitagabend, vier Tage nachdem sie durch einen 6:5-Erfolg nach Elfmeterschießen über den 1. FC Wunstorf ins Finale des Landespokals der Amateure eingezogen waren, ziemlich unsanft auf dem harten Boden des Liga-Alltags: Sie verloren beim Tabellenletzten BV Cloppenburg mit 2:3. Sie verpassten damit den vielleicht schon entscheidenden Schritt in Richtung Ligaverbleib. So aber schrumpfte der Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz am fünftletzten Spieltag der Saison 2018/2019 sogar auf drei Punkte. Auf diesen 14. Rang rutschte am Sonntag der 1. FC Wunstorf ab (0:2 beim FC Hagen/Uthlede), da der MTV Gifhorn (1:0 gegen den TuS Bersenbrück) und der TB Uphusen (3:1 gegen den MTV Wolfenbüttel) Heimsiege feierten.
Die Bruchlandung, die anschließend von vielen Seiten als „dämlich“ und als „Katastophe“ bezeichnet worden war, wurde dadurch noch deutlich schmerzhafter, dass die Delmenhorster nach 18 Minuten durch Tore von Oliver Rauh (14.) und Tom Schmidt schon mit 2:0 vorn lagen. In den folgenden zwölf Minuten vergaben sie gute Chancen. Sie hätten die Partie also früh entscheiden können, wahrscheinlich sogar müssen. Bastian Fuhrken atmete am Sonntag dann auch erst einmal ganz tief durch, als er auf die Partie in Cloppenburg angesprochen wurde. „Es ist mir immer noch unerklärlich“, gab der Leiter Leistungsfußball des SV Atlas zu, „wie das passieren konnte.“
Nach etwa 35 Minuten geriet das bis dahin starke Spiel ins Stocken. Dass Atlas dem Cloppenburger Matthis Hennig direkt vor der Pause das Anschlusstor quasi selbst vorbereitete, passte im Nachhinein zu dem, aus Delmenhorster Sicht, bitteren Abend vor 319 Zuschauern im Stadion an der Friesoyther Straße. „Das Tor war Gold wert“, erklärte BVC-Trainerin Imke Wübbenhorst, die im achten Spiel seit ihrem Amtsantritt den ersten Sieg nach drei Unentschieden gefeiert hatte. Das 1:2 habe gezeigt, dass ihre Mannschaft „noch lebte“.
SVA-Trainer Olaf Blancke, der die Beschreibung „schlecht“ für seine Laune „gelinde ausgedrückt“ nannte, grübelte derweil, was sein Team aus dem Rhythmus gebracht hatte. „Jeder hat einen Schritt weniger gemacht als zuvor“, stellte er fest. Vermutlich weil jeder gedacht habe, dass „wir Cloppenburg im Sack haben.“
Tatsächlich waren die Delmenhorster zunächst klar überlegen. Sie leisteten gute Defensivarbeit, gaben dem BVC keinen Raum, Konter überhaupt aufzubauen. Das Offensivspiel über die Flügel klappte gut. Es brachte die Cloppenburger in viele Schwierigkeiten. „Ich fand unsere taktische Ausrichtung sehr gut“, meinte Fuhrken: „In den ersten 30 Minuten haben wir sie umgesetzt, dann nicht mehr.“ Die Folge:
"Von den ersten dreißig Minuten war ich begeistert, von den restlichen 60 schockiert."
Der Knackpunkt war letztlich das BVC-Tor. Ein „dämlicher Fehler“ habe das ganze Spiel kaputt gemacht, haderte Blancke an alter Wirkungsstätte. Er hatte den BVC in der Winterpause verlassen und war dann vom SV Atlas verpflichtet worden. Die Wirkung des Treffers hielt, mindestens, bis in die Anfangsphase der zweiten Halbzeit an. Der BVC hatte Aufwind, der SVA war verunsichert. Rami Kanjos unhaltbarer 20-Meter-Schuss (49.) und Nico Thobens Kopfballtor (54.) brachten den Gastgebern den fünften Saisonsieg ein.
Die Delmenhorster hätten genug Zeit gehabt, das Spiel noch einmal zu drehen. Sie waren sogar in Überzahl, denn BVC-Stürmer Derrick Ampofo musste unmittelbar vor dem Freistoß, der das 3:2 einleitete, den Platz verlassen, weil er die Gelb-Rote Karte gesehen hatte.
„Wenn wir hinten tief stehen, wird es schwer. Egal, ob wir zu neunt oder zu zehnt sind“, merkte Wübbenhorst an. Sie gab zu, dass ihr in der ersten Halbzeit durchaus Bange gewesen war. „Ich habe gedacht: Puh, die haben so viel Tempo, das wird schwer“, erzählte sie. Doch ihre Spieler würde eben auch ein Rückstand nicht umwerfen. „Die Mannschaft gibt nie auf“, lobte die BVC-Trainerin, die nach dem 3:2 direkt vor dem eigenen Strafraum ein Bollwerk aufbauen ließ, an dem die Delmenhorster immer wieder abprallten. Sie erreichten nicht mehr die Geschwindigkeit der ersten halben Stunde, versuchten es zu oft mit langen, hohen Bällen ins Zentrum. „Es war brutal schwer“, meinte Fuhrken gestern, ergänzte aber auch:
„Wir haben keine spielerischen Mittel mehr gefunden.“
Die Niederlage sei „verdient“, gestand Blancke: „Wir hätten zwar das 3:0 machen können, doch am Ende müssen wir froh sein, dass wir nicht noch das Vierte gekriegt haben.“ Der BVC hatte einige Kontermöglichkeiten nicht konsequent zu Ende gebracht.
Die genaue Analyse der Partie läuft noch, berichtete Fuhrken. Er und Blancke hätten sich die Aufzeichnung der Partie angesehen, Gespräche geführt. Fuhrken habe zudem bereits mit Mitgliedern des Mannschaftsrats über das Spiel gesprochen. Fest steht: „Es müssen jetzt Punkte her. Das ist eine ganz klare Forderung“, sagte Fuhrken gestern. „Ich erwarte eine erhebliche Reaktion der Mannschaft“, hatte Blancke bereits am späten Freitagabend erklärt. Beide dachten dabei an Mittwoch, 1. Mai. Dann tritt der SV Atlas in Wolfbüttel an (Anpfiff: 16 Uhr). Olaf Blancke und Bastian Fuhrken haben sich den MTV-Auftritt in Uphusen gemeinsam angeschaut.