Text und Titelbild: Eyke Swarovsky (Delmenhorster Kreisblatt)
Fotos: DFB, Volkhard Patten
Bildergalerie: Elvira Patten und Nicolai Schöneich
Videos: Sky Sport HD, Sportschau, Atlas Fan-TV
Es sollte das "Jahrhundertspiel" für den SV Atlas Delmenhorst werden - und genau das ist es auch geworden. Die Delmenhorster sind am Samstagabend in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen Werder Bremen angetreten. Dass das Spiel im Wohninvest Weserstadion stattfinden konnte, war jedoch alles andere als normal. Nach langem Hin und Her erteilte der DFB eine Sondergenehmigung. Somit war Atlas Gastgeber und Werder Gast im eigenen Stadion.
Schon früh legte sich am Samstag eine magische Stimmung über die Stadt, die besonders im Bahnhofsumfeld zu spüren war. Während die Mannschaft gemeinsam im Hotel war, um zu essen und auszuspannen, versammelten sich die Fans in der Delmenhorster City, um mit dem Zug nach Bremen zu reisen. Der Bahnhof versank im blau-gelben Fahnenmeer.
Angekommen in der Hansestadt besetzten die Delmenhorster schnell die Schlachte und den Platz vor dem Stadion. Schlachtrufe und Gesänge machten allen Bremern klar: "Hier regiert der SVA!"
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Allein in der Westkurve saßen und standen an diesem Abend 12.000 Delmenhorst-Fans. Darunter viele Familien, die zum ersten Mal gemeinsam mit ihren Kindern im Weserstadion waren. Die friedliche Atmosphäre und die große Vorfreude trugen dazu bei, dieses Spiel zu einem riesigen, freundschaftlichen Fußballfest zu machen.
Man musste kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass die Bremer an diesem Abend wahrscheinlich das Spiel machen werden. Und genau so kam es dann auch. Nach gut zehn Minuten entwischte Theodor Gebre Selassie der Atlas-Verteidigung, legte quer auf Yuya Osako und der netzte ein. Zehn Minuten später machte Niklas Moisander es ihm nach und schob den Ball zum 2:0 über die Linie.
Tom Schmidt im Glück: "Unglaublich, dass der reingeht" (Video butenunbinnen.de)
Doch dann war die Zeit für das Atlas-Wunder gekommen. In Minute 31 greifen die Delmenhorster an und werden dabei von den Bremern nicht gestoppt. Oliver Rauh geht über rechts nach vorne und spielt hart in die Mitte. Moisander fälscht den Ball mit der Hacke ab und so landet er bei Tom Schmidt, der voll draufhält und Werder-Keeper Jiri Pavlenka keine Chance lässt. Jubelstürme rauschen durchs Stadion. Gänsehaut macht sich am ganzen Körper bemerkbar. War das gerade wirklich passiert? Ja, es war real. Und es war eben nicht "nur" der Ehrentreffer, sondern der Anschluss. Atlas war ein echter Gegner für Bremen.
Atlas-Chef Manfred Engelbart weiß unterdessen gar nicht mehr, wohin mit seinen Gefühlen. Mitten in der ersten Halbzeit macht er sich auf zur Bremer Ostkurve, jubelt den Werder-Fans zu und klatscht die erste Reihe ab. Das ist kurios und höchst sympathisch. Schon für seine Ansprache vor dem Spiel hatte Engelbart lauten Applaus aus dem ganzen Stadion bekommen: "Als die Auslosung durch war, habe ich bei Werder angerufen und denen gesagt, dass ich keine Leute, keine Ahnung und kein Geld habe. Das kam wohl ganz gut an und jetzt freue ich mich riesig, dass wir heute Abend alle hier sind." Humorvoll, respektvoll, authentisch. So konnte ganz Delmenhorst an diesem Abend in Bremen punkten.
Bremen erhöhte in Hälfte eins noch auf 4:1. Pizarro, der bei seiner Einwechslung in der 66. Minute vom gesamten Stadion frenetisch bejubelt wurde, legte noch zwei Tore nach. Da war er also, der Endstand von 6:1. Und das in einem äußerst fairen Spiel, das mit nur zwei gelben Karten auskam.
Herausragender Spieler bei den Delmenhorstern war an diesem Abend Torwart Florian Urbainski. Gerade in der zweiten Halbzeit parierte er Schüsse auf sein Tor, die viele Fans schon im Netz gesehen hatten.
Kohfeldt: "Das war ein richtig geiler Fußball-Abend" (Video butenunbinnen.de)
Werder bedankte sich im Anschluss an das Spiel bei den Delmenhorstern, die ein toller Gastgeber gewesen seien. Und auch, wenn das wie eine Floskel klingt - sie dürften das vollkommen ernst gemeint haben. Das Jahrhundertspiel, es war ein großes Fußballfest unter Freunden. Und jeder, der dabei war, wird diesen Abend und dieses Gefühl noch lange in Erinnerung behalten.
Den Zuschauerrekord für die erste Runde des DFB-Pokals hat Atlas am Ende tatsächlich noch knacken können. Zum "Jahrhundertspiel" gegen Werder Bremen kamen 41.500 ins ausverkaufte wohninvest Weserstadion. Die Verkündung der Bestmarke sorgte in der Arena bei beiden Fanlagern für großen Jubel. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte dem Klub eine Ausnahmegenehmigung erteilt, daher konnte die Partie in der Spielstätte der Bremer ausgetragen werden.
Die bisherige Rekordmarke für eine Erstrundenpartie mit Beteiligung einer Amateur-Mannschaft hielt Germania Windeck. 2010 hatten 41.100 Zuschauer in der Arena des 1. FC Köln die Partie gegen Bayern München verfolgt (0:4).
SV Atlas
SV Werder Bremen
DFB-Pokal, 1. Runde