Bastian Fuhrkens Haare saßen auch schon einmal besser als am Samstagnachmittag. Der Mann für alles beim SV Atlas Delmenhorst hatte schon diverse Bierduschen hinter sich (und noch weitere vor sich), als er über den Rasen des Eilenriedestadions in Hannover spazierte. Und nur zwei Worte rief, die eigentlich alles sagten: "Sieben Jahre!"
Sieben Jahre nach der Neugründung hat Atlas den größten Erfolg seiner Historie gefeiert und Delmenhorster Fußball-Geschichte geschrieben. In einem hochklassigen und dramatischen Finale zwang der Oberligist den Ligarivalen TuS Bersenbrück mit 3:2 (2:0) in die Knie und gewann den Niedersachsenpokal der Amateure. Damit darf Atlas in der kommenden Saison im DFB-Pokal spielen; TV-Einnahmen von 115.000 Euro (abzüglich eines Solidarbeitrags) sind ebenso garantiert wie das Duell mit einem Proficlub. "Jetzt fackeln wir irgendwas ab. Das ist einfach nur Wahnsinn, wenn man bedenkt, wo wir herkommen", jubelte Spielmacher Musa Karli. Interimstrainer Daniel von Seggern stellte nüchtern fest: "Es ist eine große Genugtuung nach einer durchwachsenen Saison. Viele haben uns vorher ja schon abgeschrieben."
Atlas hatte sich in der Tat die beste Leistung des Jahres für die größte Bühne aufgehoben. Die ARD übertrug das Spiel im Rahmen des Finaltags der Amateure live in einer Konferenz, vor 1877 Fans im Stadion und einem großen Fernsehpublikum zeigten die Delmenhorster einen bissigen, taktisch reifen und eiskalten Auftritt.
Thade Hein nutzte die erste Großchance in der 13. Minute, als er nach einem Freistoß von Tom Schmidt die Unordnung in Bersenbrücks Abwehr nutzte und die Kugel unter die Latte hämmerte.
Bersenbrück war durchaus spielstark, die Atlas-Viererkette um den überragenden Karlis Plendiskis stand aber gut. Und der Abwehrchef war auch vorne zur Stelle: In der 40. Minute konnte TuS-Torwart Christoph Bollmann seinen Kopfball nur abprallen lassen - erneut war Hein da und drückte den Nachschuss über die Linie. "Die erste Halbzeit war überragend", fand von Seggern.
Der Jubel nach dem 2:0. Foto: Daniel Niebuhr
Zur Pause musste Hein dann verletzt raus, Atlas blieb aber unwiderstehlich effektiv in der Offensive. Fünf Minuten nach Wiederbeginn stand Mittelstürmer Marco Prießner bei einer flachen Flanke von links goldrichtig und traf am langen Pfosten zum 3:0. Doch Bersenbrück war noch nicht geschlagen, auch weil Atlas sich etwas zu weit zurückzog und etliche Standards zuließ. Bersenbrücks Spezialist Aaron Goldmann verwandelte in der 63. Minute einen Freistoß, auch weil die Atlas-Mauer den Schuss unhaltbar für Keeper Florian Urbainski abfälschte.
Danach begann das Zittern für die Delmenhorster, die den gegnerischen Strafraum nur noch aus der Ferne sahen. Bersenbrück kam lange Zeit nicht durch, doch Sandro Heskamp leitete mit einem Lattenschuss aus 16 Metern die Schlussoffensive ein. In der 89. Minute schlief Atlas hinten komplett, Goldmann schob mit Hilfe des Innenpfostens ein - und Atlas führte nur noch 3:2. Bersenbrück war jedoch zu nervös, um Atlas noch in Gefahr zu bringen. Um 16.07 Uhr pfiff Schiedsrichter Axel Martin ab und das Delmenhorster Fußball-Märchen war perfekt.
Der Moment des Schlusspfiffs. Foto: Daniel Niebuhr
"Das ist irre, es fühlt sich einfach nur großartig an", sagte Hein. Er und seine Teamkollegen feierten erst auf dem Siegerpodest, dann mit den Fans und hüpften schließlich zu Schlagerbässen durch die Kabine. Da war Bastian Fuhrken auch nicht mehr der einzige, dessen Frisur nicht mehr ganz intakt war.
Hier bei NDR.de gibt es die Tore aus dem Spiel nochmal kompakt im Video.